SC Stammheim – TSV B 1:6 Auszug aus Stgt.N v. 21.11.23

Rudi Scherrle, 21.11.2023

SC Stammheim – TSV B 1:6 Auszug aus Stgt.N v. 21.11.23

Neun-Tore-Spektakel stimmt auf den Showdown ein

Plattenhardt oder Bonlanden? Die Herbstmeister-Entscheidung der Fußball-Bezirksliga fällt erst in einer Woche im direkten Duell.

Torsten Streib (FZ)

Die rote Karte für einen der Toptorjäger der Staffel, ein Neun-Tore-Spektakel in Vaihingen und die anhaltende Trainersuche des aktuell geschredderten ursprünglichen Titelfavoriten SC Stammheim, der obendrein die Absage seines Wunschkandidaten erhalten hat – unter diesen Begleiterscheinungen steuert die Stuttgarter Fußball-Bezirksliga nun auf einen Hinrunden-Showdown zu. Seit dem Wochenende steht fest: Die Entscheidung, wer als Herbstmeister in die Winterpause geht, fällt erst am nächsten Samstag, dem letzten Spieltag des Kalenderjahrs. TSV Plattenhardt oder SV Bonlanden? Antwort dann im direkten Duell der beiden Landesliga-Absteiger. Einstweilen haben beide Aufstiegsanwärter ihre Positionen mit Siegen gefestigt – wobei jener des Tabellenführers TSV Plattenhardt der weitaus weniger nervenstrapazierende war. Nach dem Pokal-7:3 vom Donnerstag beim A-Kreisligisten FSV Waldebene Ost ließ der Favorit auch diesmal keine Spannung aufkommen. Gegen eine ersatzgeschwächte SGM ABV/TSV 07 Stuttgart fügte er ein nicht minder souveränes 5:0 an. „Relativ unaufgeregt, standesgemäß“, sagt der Trainer Sascha Blessing, für den sich verschmerzen lässt, dass es von den Seinen in fußballerischer Hinsicht eher Hausmannskost als Festschmaus war.

Die hervorzuhebende Ausnahme heißt Aristidis Perhanidis. Der Außenangreifer bestätigte seine gute Form. Seine Bilanz vom Sonntag: zwei Tore plus zwei Torvorlagen. Hinten feierte derweil ein Teamkollege sein Ligastartelfdebüt für diese Saison: Als Rechtsverteidiger ersetzte der Youngster Aaron Gruber den verletzten Luka Gyselincks (Nackenprellung). Gefordert wurde er dabei vergleichsweise wenig. Demgegenüber hatte es für die Gäste lediglich zu einem Rumpfaufgebot gereicht. Zur Verfügung standen ihnen vom eigentlichen 29-Mann-Kader gerade mal 14 Spieler.

Zumindest auf Degerlocher Seite gilt: Sehnsucht Winterpause. Auf ein Neues und dann hoffentlich Besseres in der Rückrunde. In der Tabelle ist der Vorjahresaufsteiger nach inzwischen zehn Spielen in Serie ohne Sieg (vier Unentschieden, sechs Niederlagen) auf den vorletzten Platz abgerutscht. Hingegen geht der Plattenhardter Blick mit laut Blessing „großer Vorfreude“ aufs nun folgende erwähnte Gipfelduell. Auch der Rivale SV Bonlanden, dann Gastgeber, hat sich auf dieses mit einem Tore-Fünferpack eingestimmt. Der Unterschied: Um damit ebenfalls als Gewinner vom Platz zu gehen, musste der Tabellenzweite deutlich mehr Schweißtropfen vergießen. Sein Ergebnis im Auswärtsspiel beim SV Vaihingen lautete 5:4, flankiert von geschafften Verantwortlichen an der Seitenlinie. „Für die Zuschauer war das prima, für die Trainer aber schwierig“, sagt Klaus Kämmerer mit Blick auf das Kunstrasen-Spektakel. Seine Experten-Meinung: viele Tore, ja – aber als Ursache halt auch viele Fehler. Im turbulenten Schlagabtausch machte seine Elf schließlich einen frühen Zwei-Tore-Rückstand wett. Fünf der insgesamt neun Treffer fielen bereits innerhalb der ersten 17 Spielminuten.

Die letztliche Bonlandener Erfolgsrechnung: vier Standards plus ein Glücksschuss, der überraschend im Netz landete. Zweimal, durch Andreas Pottmeyer und Jakob Ehret, verwandelten die Gäste Freistöße direkt. Zweimal schlugen sie nach Eckstößen zu. Und einmal senkte sich ein eigentlich als Flanke gedachter Ball in den gegnerischen Torwinkel. Der Schütze: Evangelos Lioliakis, der damit seinen Blackout vom zweiten Gegentor begradigte, als er die Kugel dem Gegner vor die Füße gespielt hatte.

Prost, Mahlzeit indes für die gastgebenden Vaihinger. Deren Coach Kai Liedtke merkt kopfschüttelnd an: „Dann auch noch so ein Duselding. Aus dem Spiel heraus haben wir keine einzige klare Chance zugelassen.“ Und dennoch fünf Stück kassiert. Mithin: „Bitter, ärgerlich.“ Aber so etwas sei dann halt gegnerische Effektivität. Und in gewisser Weise auch schon Gewohnheit, wenn es für die Schwarzbachkicker gegen ihren Ex-Trainer geht.

Zur Erinnerung: Von 2009 bis 2015 war Kämmerer in Vaihingen einer von Liedtkes Vorgängern, ein höchst erfolgreicher noch dazu. Der damalige Höhepunkt: der Landesliga-Aufstieg anno 2011. Seither gab es für den eigene Verein bei den Wiedersehen wenig Süßes, aber viel Saures. Mal ein 0:6, mal, vor sechs Jahren, gar ein rekordverdächtiges 1:10, nun besagtes 4:5 – welches wiederum als Pflaster auf eine Bonlandener Wunde taugt. Drei Tage zuvor waren die schwarz-weißen Pokalambitionen für dieses Spieljahr geendet. Eine 1:3-Heimniederlage gegen den Lokalrivalen TSV Bernhausen hatte am Donnerstagabend das Achtelfinal-Aus bedeutet, dies mit einer unschönen Zugabe, nämlich einer Gehirnerschütterung des Torjägers Danijel Zugac. Immerhin, die Befürchtung zudem eines Jochbeinbruchs hat sich nicht bestätigt. Fürs Hinrundenfinale dürfte es zu einer Kaderrückkehr reichen. Jener TSV Bernhausen bleibt unterdessen die Mannschaft der Stunde. Mit dem beeindruckenden 6:1 vom Sonntag beim SC Stammheim steht der Zähler der „Veilchen“ mittlerweile bei zehn niederlagenlosen Pflichtspielen in Serie. In der Tabelle hat die Aufholjagd nun bereits auf Platz drei geführt. Was nur, hätten die Bernhausener ihren Saisonstart nicht so in den Sand gesetzt? Inzwischen, nach den Anlaufproblemen, kommt der Trainer Roko Agatic kaum mehr aus dem Strahlen heraus: „Die Mannschaft macht das überragend. Es macht Spaß, zuzuschauen“, sagt er. Ausgeklammert lediglich ein einziger Aspekt. Der Wermutstropfen betrifft auch im Fall der Fleinsbachkicker den Torjäger: Ivan Matanovic, aktuell erneut Doppeltorschütze, hatte bereits nach 70 Spielminuten Feierabend. Er sah für ein Foulspiel die rote Karte. Am nächsten Wochenende wird er ebenso fehlen wie Agatic, der sich wegen privater Verpflichtungen für einige Tage in seine Heimat nach Kroatien verabschiedet.

Kleines Trostpflaster für seinen aktuellen Gegenüber: Geschreddert worden sind die Stammheimer ihrerseits nicht von irgendeinem Gegner, sondern dem „klar stärksten, auf den wir in dieser Saison getroffen sind“, konstatiert deren Interimscoach Rainer Schwalb. Für ihn wiederum, eigentlich Abteilungsleiter, soll sein Zusatzjob mit der Hinrunde enden. Fürs neue Jahr suchen die Nord-Stuttgarter weiterhin einen Nachfolger für den geschassten Giannicola Bellarosa. Ein Kandidat muss inzwischen von der Liste gestrichen werden: Holger Traub, vergangene Saison noch beim Landesligisten TSV Weilimdorf engagiert, hat abgesagt.Gleichfalls noch ungeklärt ist die künftige Trainersituation beim TSV Musberg – dort aber immerhin mit einer gefühlten Tendenz. Mit dem Pokal-Viertelfinaleinzug und einem aktuellen Liga-2:0 gegen Türkspor Stuttgart hat der derzeitige Aushilfsamtsinhaber Denis Kühnle neue Argumente für eine dauerhafte Beförderung gesammelt – und zugleich Wiedergutmachung für den schwarzen 0:6-Sonntag vor Wochenfrist in Münster betrieben. Zusammenhocken wollen sich Kühnle und die Abteilungsleitung nach Beendigung der ersten Saisonhälfte und „dann analysieren und entscheiden“, wie der 30-Jährige selber sagt.

Einstweilen machten Marc Wiederoder und der eingewechselte Elischa Zug mit zwei Abstaubertoren den Heimsieg perfekt, zum Verdruss des Gegners. Dessen noch sportlicher Leiter Tarkan Bucak sah die Seinen vom Schiedsrichter „um zwei klare Elfmeter“ gebracht. Nur „noch“ bezüglich des eigenen Postens, weil Bucak diesen über die Jahreswende aufgeben will – sofern sich ein geeigneter Nachfolger findet. Weitermachen möchte der 47-Jährige lediglich als Abteilungschef. Der Grund: Es werde ihm zeitlich zu viel. Bucak hat darüber hinaus drei weitere Fußballjobs: beim VfL Waiblingen, beim Europäischen Türkischen Fußball-Verband sowie bei den Stuttgarter Kickers, wo er er als Jugendtrainer fungiert. In der Tabelle bleibt es für Türkspor beim Abstiegskampf, dito für den TSV Rohr und die SG Untertürkheim, die sich ein farbenfrohes Duell lieferten. Gleich dreimal gab es Gelb-Rot, für die Gastgeberspieler Florian Henkelmann und Ismail Seker in der Nachspielzeit sowie den Untertürkheimer Sandro Freitas dann noch nach dem Abpfiff – Letzteres wohl auch im Frust über die eigene 0:1-Niederlage. „Chancenverhältnis 5:1 für uns, die Punkte aber leider für Rohr“, sagt dazu der Gästeübergangscoach Uwe Wittmann. Außer den Versäumnissen im Abschluss war er mit seinen Kickern zufrieden. Die Einstellung habe gestimmt, und auch spielerisch sei man „klar besser, aber einmal nicht wachsam gewesen“. Nach einem Standard – „zugegeben, stark gemacht“– köpfte der baumlange Rohrer Joker Christopher Hatt zum Tor des Tages ein. Darüber hinaus hielt der Keeper Ulrich Staudenmayer den Sieg für den nun Tabellenachten fest. „Unser bester Mann. Kurz vor unsere Führung hat er sensationell pariert“, sagt der Rohrer Fußballchef Holger Schroeder. Ansonsten fasst er die Partie wie folgt zusammen: „Ein grottenschlechter TSV gegen eine schlechte SGU – beide Teams haben bewiesen, dass sie zu Recht nicht im oberen Tabellendrittel anzutreffen sind.“

Jeder Punkt zählt, das galt derweil auch für das Aufsteigerduell des SV Sillenbuch mit dem TSV Münster. Ihr 2:1-Heimsieg bringt die Gastgeber wieder in direkten Kontakt zum Tabellenmittelfeld. Dabei bedurfte es bei den eigenen Toren von Amadeus Hahn und Robert Gulde zweier Ballverluste des Gegners an dessen Strafraum. „Wir haben früh und aggressiv gepresst und die Münsterer so zu den Fehlern gezwungen“, sagt der Sillenbucher Co-Trainer Nico Hering. „Praktisch haben wir alle drei Tore gemacht, die beiden Sillenbucher Treffer mit vorbereitet“, bestätigt Benjamin Beck, der stellvertretende Abteilungsleiter der Gäste, für dessen Team Marco Kreidl zum zwischenzeitlichen Ausgleich traf. Becks Fazit: „Wir wollten den Schwung vom 6:0-Sieg über Musberg mitnehmen, was uns zu keiner Zeit gelungen ist. Im Gegenteil. Das war eine unserer schlechtesten Saisonleistungen.“ Abwechslung unterdessen für Carmine Napolitano, den Trainer der Spvgg Cannstatt. Er machte sich am Tag nach dem 2:2 seiner Mannschaft gegen die Sportvg Feuerbach auf den Weg nach Leverkusen. Im entscheidenden EM-Quali-Spiel gegen die Ukraine drückte er seiner Squadra Azzurra live die Daumen. Neben ihm im Auto und dann auch im Stadion sollte eigentlich sein Feuerbacher Trainerkollege Rocco Cesarano sitzen. Kurzfristig musste dieser aber passen. Somit keine Gelegenheit, noch einmal ausführlich über die eigene Begegnung zu diskutieren, und dabei vor allem über eine Aktion. Der Gäste-Torjäger Ali Karsli trat zum Elfmeter an, rutschte aus und traf dennoch. Der Schiedsrichter Manuel Schmauß zeigte auf den Anstoßpunkt, revidierte seine Entscheidung aber nach heftigen Cannstatter Protesten. „Es lag eine Doppelberührung vor, darauf habe ich ihn hingewiesen“, sagt Napolitano. Stattdessen ging es mit einem indirekten Freistoß für seine Elf weiter.

Bei den Gästen und Cesarano stieß wiederum dies auf Unverständnis und Ärger. „Laut Karsli lag keine Doppelberührung vor“, sagt der Feuerbacher Coach, der sich aber im Nachhinein beim Schiedsrichter für die Entscheidung bedankte. Das nicht gegebene Tor hatte nämlich bei den Seinen einen Jetzt-erst-recht-Effekt. Plötzlich seien Emotionen geweckt worden, und fortan spielte nur noch ein Team – „das waren wir“. Zudem machten sich die Einwechslungen von Emre Balci und Alexis Moissidis bezahlt. Der Erstgenannte traf, der Letztgenannte bereite beide Treffer der bis dahin mit 0:2 im Rückstand liegenden Nord-Stuttgarter vor.

© Die inhaltlichen Rechte bleiben dem Verlag vorbehalten. Nutzung der journalistischen Inhalte ist ausschließlich zu eigenen, nichtkommerziellen Zwecken erlaubt.