Spvgg Feuerbach - TSV B 4:4 - Auszug aus StgtN. vom 17.10.23

Rudi Scherrle, 17.10.2023

Spvgg Feuerbach - TSV B 4:4 - Auszug aus StgtN. vom 17.10.23

Krisenteam stürzt den bisherigen Seriensieger

Dank Stammheimer Hilfe übernimmt der SV Bonlanden die Tabellenführung in der Fußball-Bezirksliga. Andernorts gibt es süßsaure Grüße an den Ex-Verein.

Wie viel Aussagekraft hat eine Tabelle nach sieben Spieltagen, also gerade mal gut einem Viertel der Saison? Noch nicht viel, findet Klaus Kämmerer, der Trainer der Fußballer des SV Bonlanden. Und dennoch: Freude an der Humboldtstraße. Der eigene Arbeitssieg am Sonntag hat eine gern genommene Zugabe bekommen: Die Schwarz-Weißen sind neuer Spitzenreiter in der Stuttgarter Bezirksliga. Im Filderstädter Absteigerfernduell sind sie an ihrem Ortsnachbarn TSV Plattenhardt vorbeigezogen, nachdem jener seinerseits erstmals in dieser Runde Punkte abgegeben hat. Mit einer 2:3-Niederlage beim bislang kriselnden Vizemeister SC Stammheim haben die Weilerhau-Kicker ihre weiße Weste eingebüßt. Aber auch sonst war das Wochenende nicht arm an Aufregern. Beispiel Feuerbacher Aufholjagd. Beispiel Rohrer Last-Minute-Elferfrust. Beispiel Spvgg Cannstatt. Jene beklagt trotz aktuellem Erfolgslauf den plötzlichen Ausstieg zweier Stammkräfte.

Das nominelle Hochkaräter-Kräftemessen fand indes unstrittig im Emerholz statt. SC Stammheim gegen TSV Plattenhardt – die beiden ursprünglichen Titelfavoriten im direkten Vergleich, wenn auch deren Saison bislang komplett unterschiedlich verlaufen ist. Umso größer am Ende die Erleichterung bei den zuletzt von Pleiten, Pech und Pannen geplagten Gastgebern. War das aktuelle 3:2 die Initialzündung zum Besseren? „Wir hoffen sehr, dass wir damit die Trendwende eingeleitet haben“, sagt der Trainer Giannicola Bellarosa. Als „wichtig sowohl fürs Gemüt als als auch fürs Klassement“ erachtet er den Sieg. Keine Frage: eine weitere Niederlage, und die Stammheimer hätten alle Spitzenplatzambitionen praktisch schon jetzt in die Tonne kloppen können. So viel zum Thema tabellarische Aussagekraft nach gerade mal sieben Spieltagen.

Doch ist es Bellarosa und den Seinen diesmal dann gelungen, die PS des eigenen Kaders auf den Rasen zu bringen. „Mutig und entschlossen“ sah der Coach seine Elf, was belohnt wurde. Vorne schossen Dieylani Fall, Sergio Mavinga und Noah Lindhorst einen Drei-Tore-Vorsprung heraus. Genauer gesagt: Fall betätigte sich mit einem scharfen Flankenball, den der Plattenhardter Abwehrchef Julian Hofacker beim Rettungsversuch ins eigene Netz grätschte, als Türöffner. Hinten trug derweil der aus einer Verletzungspause zurückgekehrte Routinier Matthias Kassaye zur Stabilisierung bei. Auch sein Verdienst, dass das Strafraum-Schreckgespenst schlechthin der Liga erstmals in dieser Saison ohne Treffer blieb: Für den Gäste-Topscorer Fatih Özkahraman stand ganz ungewohnt die Null.

Immerhin, eine positive Erkenntnis nimmt aber auch die Gegenseite mit – trotz erster Niederlage und trotz Verlust der Tabellenführung. „Es war wichtig zu sehen, wie die Mannschaft reagiert, wenn es mal Gegenwind gibt“, sagt der Bellarosa-Amtskollege Sascha Blessing. Die Erkenntnis: Sie tat es durchaus energisch, was aber lediglich noch zu zwei Ergebniskosmetiktreffern durch die eingewechselten Kevin Siekerman und Mark Hörz reichte. Zuvor hatte vor allem der Keeper Kristian Grbic einen möglichen höheren Rückstand verhindert. Lachender Dritter ist wie gesagt der SV Bonlanden. Jener nutzte die Gunst der Stunde zum Sprung auf Platz eins. Nach dem ihrerseits glanzlosen 2:1 gegen den wackeren Aufsteiger TSV Münster sind die Ebenfalls-Filderstädter die einzige noch ungeschlagene Mannschaft der Staffel. Und da ist es dann erst einmal zweitrangig, dass die bisherigen eigenen Leistungen eher von Solidität als Spektakel gekennzeichnet sind. Zur aktuellen sagt der Trainer Klaus Kämmerer: „Ein durchwachsener Auftritt, ein Arbeitssieg. Es gibt noch viel zu verbessern.“ Mit Erfolg ja vielleicht schon in der nächsten Woche, wenn der Kapitän Andreas Pottmeyer nach seinem Urlaub wieder mit an Bord sein wird. Für den Formaufbau zum bereits mit Spannung erwarteten vermeintlichen „Spiel der Spiele“ bleibt sogar noch deutlich länger Zeit. Das Derby und nach jetzigem Stand Gipfelduell mit dem TSV Plattenhardt ist erst für den letzten Hinrunden-Spieltag terminiert, am 25. November.

Einstweilen war zumindest auf zwei Spieler erneut Verlass. Das Sturmduo Rüchan Pehlivan und Danijel Zugac knipst konstant weiter. In einer laut Kämmerer nach der Pause „immer zerfahreneren Partie“wurden die beiden mit ihren Saisontreffern Nummer fünf respektive sechs zu den Matchwinnern. Die Vorarbeit leistete jeweils Tobias Hornung. Das sollte genug sein, um den anfänglichen 0:1-Rückstand zu korrigieren – und um den Gegner letztlich hadern zu lassen. Für dessen Coach Stefan Schuon bleibt ein zwiegespaltenes Fazit: „Jetzt haben wir gegen die Top drei der Liga gespielt und dreimal geil performt.“ Aber: Die Punkte tütete ein jedes Mal die andere Seite ein. „Das nervt“, sagt Schuon.

Müßig, darüber zu spekulieren, wie es ausgegangen wäre, hätte Vadim Kromm nach dem Führungstor von Bernhard Kreis nachgelegt. Der Oldie stolperte den Ball aber aus kurzer Entfernung neben das Tor. Der Dritte des erwähnten Spitzentrios heißt indes seit Sonntag Spvgg Cannstatt – und hat einen Lauf. Die Bilanz aus den sechs vergangenen Spielen: vier Siege, zwei Unentschieden. Der aktuelle, ein 4:2 gegen den Tabellennachbarn SV Vaihingen, schmeckte besonders gut, schickte der Trainer Carmine Napolitano damit doch süßsaure Grüße an seinen Ex-Verein.

Zehn Jahre lang coachte Napolitano am Schwarzbach einst verschiedene Teams. Mit der „Ersten“ stieg er erst aus der Bezirksliga ab und dann prompt wieder auf – was aber seinerzeit nicht verhinderte, dass ihm der Verein schließlich den Laufpass gab. „Abgehakt“, sagt Napolitano im Rückblick zwar, nicht aber ohne Zusatz: „Die Art und Weise fand ich damals nicht richtig.“ Nun, bei seinem jetzigen Club, sitzt er fester denn je im Sattel. Nach einer eher holprigen vergangenen Saison scheinen die Cannstatter auf einem guten Weg zurück zur vorherigen Vizemeister-Form. In der furiosen Viertelstunde nach der Pause, in der seine Mannschaft die Vorentscheidung erzwang, sah der Coach gar „das Beste, seit ich hier bin“. Pressing, Tempofußball, seziermesserscharfe Spielzüge. Und nicht zuletzt einer setzte dabei sein persönliches Leistungshoch fort: Napolitano – Vorname Raffaele, der Sohnemann. Der legte mit seinem cool erzielten sechsten Saisontor den Grundstein zum Heimerfolg. Erstaunlich. Bei seinem Vorgängerverein TSV Rohr war der 20-Jährige kaum über eine Reservistenrolle hinausgekommen.

Der Wermutstropfen: Zwei andere Größen ihres Kaders müssen die Neckarstädter fortan ersetzen. Kevin Gullmann und Alexander Grigoras, die schon im Sommer mit einer Fußballpause geliebäugelt hatten, holen diesen Schritt nun nach. Sie steigen aus. Dagegen ist der Angreifer Daniel Fichte vom Studium aus Konstanz zurück.

Die torreichste und turbulenteste Begegnung des Spieltags gab es unterdessen im Stuttgarter Norden. Das Ergebnis zwischen der Sportvg Feuerbach und dem TSV Bernhausen: ein 4:4 – wobei die Gastgeber bereits mit 0:2 und 1:4 hinten lagen. Dass es für sie am Ende doch noch zu einem Zähler reichte, lag zum einen an Ali Karsli, der seine Saisontore Nummer zehn bis zwölf markierte, und zum anderen an einer großen Moral der Mannschaft. „Ich bin sehr ruhig geblieben, weil wir schon vor der Pause ein gutes Spiel gemacht haben, auch wenn das Zwischenergebnis etwas anderes vermuten lässt“, sagt deren Trainer Rocco Cesarano.

Höher war die Pulsschlagzahl seines Pendants Roko Agatic. „Wir haben aus mir unverständlichen Gründen nach 45 Minuten aufgehört, Fußball zu spielen, und Feuerbach kam wie eine Dampfwalze aus der Kabine“, sagt der Bernhausener Coach, der in der Schlussminute der regulären Spielzeit noch den Torschrei zum möglichen Sieg auf den Lippen hatte. Der Versuch von Mahir Ege landete aber am Pfosten.

Ebenso finale Enttäuschung beim TSV Rohr. Dessen Mannschaft kassierte beim 2:2 gegen den SV Sillenbuch in der Nachspielzeit noch den Ausgleich. Der Gästeakteur Lukas Schmidt verwandelte einen umstrittenen Elfmeter. „Natürlich ist so etwas in der 95. Minute blöd und ärgerlich“, sagt der Trainer Fabio Lapeschi. Was seinen Unmut bremst: „Wir haben gegen einen sehr starken Aufsteiger gepunktet, obwohl wir acht Stammkräfte wegen Sperren, Verletzungen und Krankheit ersetzen mussten.“ Für den Notfall hatte er sich sogar selbst auf dem Spielberichtsbogen eingetragen.

Der Gegner vom Spitalwald bleibt dagegen als Schlusslicht das einzige sieglose Team. „Wir haben den Gegner spielerisch über die kompletten 90 Minuten dominiert. Das Einzige, was uns gefehlt hat, war die Durchschlagskraft im Angriff“, sagt der Sillenbucher Co-Trainer Nico Hering. Immerhin: Noch ist im Tabellenkeller die Konkurrenz in Sichtweite, darunter auch die SGM ABV/TSV 07 Stuttgart. Die ambitioniert gestarteten Degerlocher warten nach dem 1:2 gegen Türkspor Stuttgart seit fünf Spielen auf einen Sieg. „Das liegt hauptsächlich an unserer extrem dünnen Personaldecke“, sagt der Co-Trainer Alexander Schreck, der an der Seitenlinie den erneut beruflich verhinderten Maximilian Uhlenberg vertrat. Gleichfalls erneut fehlten die Stürmer Blessing Omoregie (Gehirnerschütterung) und Valentin Loparco (muskuläre Probleme). Und dennoch war mehr drin. „Wir haben in der zweiten Hälfte vier hundertprozentige Chancen herausgespielt, aber alle verballert“, berichtet Schreck.

Völlig konträr ist die Stimmung beim Gegner. Nach fünf Niederlagen zum Auftakt gelang Türkspor nun der zweite Sieg nacheinander. „Wir werden ganz langsam zu einer Wohlfühloase, bei der die erfahrenen Spieler vorne weg marschieren und die jungen Talente in deren Schatten wachsen können“, sagt der Spielleiter Tarkan Bucak. Die Treffer für seine Mannschaft erzielten Fatih Kalkan per Kopf und Tolunay Ikizoglu mit einem satten 20-Meter-Schuss. Bleiben noch die SG Untertürkheim und der TSV Musberg. Diese haben sich, vorverlegt wegen des Krautfests in Leinfelden-Echterdingen, bereits am Donnerstag 2:2 unentschieden getrennt. Dabei bewahrte der Gäste-Kapitän Lukas Zug seinen Trainer Denis Kühnle vor einer Einstandspleite. Er nutzte kurz vor Schluss einen Handelfmeter zum Ausgleich. Kühnle ersetzt in Musberg wie berichtet bis auf Weiteres den in der vergangenen Woche unerwartet ausgestiegenen Valentin Haug (als Co-Trainer zu seinem Ex-Verein TV Echterdingen). Ob es zu einer dauerhaften Beförderung des 30-Jährigen kommt, soll sich innerhalb der nächsten Tage entscheiden. Er selbst sagt: „Ich fühle mich beim TSV Musberg und mit der Mannschaft wohl und würde mich freuen, wenn ich es weitermachen dürfte.“

Beim Gegner Untertürkheim debütierte im Tor Jonas Beck, der sonst für die zweite Mannschaft spielt. Er sprang ein, da der Stammkeeper Marcel Leo aufgrund eines Verkehrsstaus zu spät von einem Arbeitseinsatz in Leipzig ankam. Bitter für den Tabellenvorletzten die Sache mit dem späten Strafstoß: Nach einem Eckball versuchte Khaled Bediar, auf der Linie zu klären, und köpfte sich das Spielgerät selbst an die Hand. Zu allem Überfluss sah er dafür auch noch die rote Karte.

© Die inhaltlichen Rechte bleiben dem Verlag vorbehalten. Nutzung der journalistischen Inhalte ist ausschließlich zu eigenen, nichtkommerziellen Zwecken erlaubt.