TSV Rohr - TSV B 0:3 - Auszug aus StgtN. vom 4.10.23

Rudi Scherrle, 04.10.2023

TSV Rohr - TSV B 0:3 - Auszug aus StgtN. vom 4.10.23

In der-Elf der Woche 4 lila Jungs!
TW Matej Livancic, Henry Alber, Julijan Milos, Georgios Kessapidis

Der Titelfavorit in der Krise – aber warum?

Nach fünf Spieltagen in der Fußball-Bezirksliga fehlen demSC Stammheim bereits elf Punkte zur Spitze. Bei der Konkurrenz treffen zwei Youngster doppelt.

Franz Stettmer und Torsten Streib (FZ)

STUTTGART. Vorne in der Tabelle ein siegreiches Spitzentrio, hinten ein kriselnder ursprünglicher Titelfavorit – am fünften Spieltag der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga haben sich die Positionen verfestigt. Während der TSV Plattenhardt, der SV Bonlanden und der SV Vaihingen ihre Ansprüche somit untermauerten, wachsen beim SC Stammheim die Sorgen. Was ist los beim amtierenden Vizemeister? Warum läuft es unter dessen neuem Trainer Giannicola Bellarosa bislang nicht? Ein Blick auf die Ursachen. Und aber auch ein Blick auf eine Mannschaft, der am Sonntag das Kunststück gelungen ist, in personeller Unterzahl vier Treffer zu erzielen – und auf gleich sechs Doppeltorschützen des Wochenendes, darunter zwei Greenhorns, ein 19- und ein 18-Jähriger.Der 19-Jährige heißt Fabijan Krpan, spielt für den SV Vaihingen und mausert sich zu einer der Entdeckungen der Saison. Vor allem er ist es, der die Sorgenfalten beim SC Stammheim weiter vergrößert hat. Mit seinen beiden Treffern führte der frühere Kickers-Nachwuchskicker die eigene Mannschaft zum 3:1-Auswärtserfolg im Emerholz. Insgesamt steht er nun bereits bei sechs Toren, und sein Trainer Kai Liedtke schnalzt mit der Zunge. Selbst einst Stürmer, lobt er: „Wie der Junge das macht, ist schon sehr gut. Im Strafraum ist er sehr effektiv.“ Und auch nicht um selbstbewusste Aktionen verlegen. Beim finalen dritten Streich, mit dem die Vaihinger den Deckel drauf machten, ließ Krpan zwei Gegenspieler wie Slalomstangen stehen und knallte den Ball mit der linken Klebe in die Dreiangel.

Noch Fragen? An diesem Sonntag nicht mehr. Wen sollte es auf Gästeseiten scheren, dass der Erfolg insgesamt eher glücklich war? Eben „ein bisschen Glück muss man dann halt auch mal haben“, findet Liedtke und freut sich nun aufs folgende Spitzenspiel gegen den TSV Plattenhardt – während man sich in Stammheim, was Fortunas Beistand anbelangt, zunehmend an einen Kultspruch der großen Fußballbühne erinnert fühlt. Wie hatte der Dortmund-Torjäger Jürgen „Kobra“ Wegmann einst kund getan? „Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“

Seit die Konkurrenz die Nord-Stuttgarter auf den Favoritenschild gehoben hat, ist es für jene wie verhext. „Schlechte Chancenverwertung, tief stehende Gegner, die ihrerseits mit Kontern zuschlagen – und vor allem diese vielen Verletzten“, klagt der Spielleiter Thomas Oesterwinter. Unter anderem fehlen in Christian Schwalb (Kreuzbandriss), Marco Schwalb (Bänderriss im Fuß) und Matthias Kassaye (Knieprobleme) drei Eckpfeiler. Ein vierter, der Angreifer Sergio Mavinga, durfte hadern. In der Sturm- und Drangphase seiner Elf in Hälfte zwei verhinderte die Querlatte seinen Ausgleichstreffer.

Was bleibt, ist ein bedröppelter Blick aufs Klassement. Fünf Spiele, nur ein Sieg – und bereits elf Punkte Rückstand auf Platz eins. „Eine schwierige Situation. Aber da müssen wir jetzt durch“, sagt Oesterwinter. „Wir“ gleich das Team samt neuem Coach, dem bis dato glücklosen Amtsinhaber Bellarosa. Unruhe im Verein? Oesterwinter sagt: „Noch nicht.“ Freilich, der Spielplan könnte mulmig stimmen. Die beiden nächsten Gegner sind der SV Bonlanden und ebenfalls Plattenhardt, das Führungsduo der Staffel.Besagter TSV Plattenhardt stellt weiterhin die einzige noch verlustpunktfreie Mannschaft. Auch gegen den SV Sillenbuch hat der Landesliga-Absteiger seine Siegesserie fortgesetzt, diesmal mit einem 4:1, zur Erleichterung seines Trainers. Vor allem er, Sascha Blessing, hatte sich kein Schnippchen schlagen lassen wollen, handelte es sich doch um die Begegnung mit seinem Ex-Verein. Stolze 17 Jahre lang war der heute 36-Jährige beim aktuellen Gegner engagiert, erst als Spieler, dann als „Co“ an der Seitenlinie, bevor er vor dieser Saison in den Weilerhau wechselte. Das jetzige Wiedersehen? „Für mich emotional nicht ganz einfach gegen die alten Jungs“, sagt Blessing.

Und einfach wurde es dann auch auf dem Rasen nicht. Gegen eine tief stehende Gäste-Elf mühte sich der Favorit zäh zum Pflichterfolg. Der Matchwinner: nein, ausnahmsweise einmal nicht Fatih Özkahraman. Jener steuerte zur Abwechslung nur einen Treffer bei. Dafür schnürte der Teamkollege Aristidis Perhanidis einen Doppelpack, sehenswert vor allem mit dem zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaften Führungstor. Wenn aus dem Spiel heraus wenig geht, dann halt so: Perhanidis zwirbelte einen Freistoß vom Strafraumeck aus direkt ins Netz.

„Ein Traumtor“, sagt selbst der Sillenbucher Trainer Zvonimir Topalusic – und stellt achselzuckend fest: „Das ist die individuelle Klasse des Gegners, die man dann nicht mehr verteidigen kann.“ Sein eigenes Aufgebot stand schließlich „trotz starker Leistung“ erneut mit leeren Händen da. Der Aufsteiger zahlte Lehrgeld, abermals. Auch weil beim dritten Gegentor Moritz Munske den Ball vertändelte. Immerhin: „Keine Floskel: Die Stimmung ist nach wie vor top“, sagt Topalusic, „gute Trainingsbeteiligung, guter Fußball, nur die Ergebnisse passen leider nicht.“Letzteres kann der SV Bonlanden von sich nicht behaupten. Die Filderstädter festigten mit einem 4:2 bei der SGM ABV/TSV 07 Stuttgart ihren zweiten Tabellenplatz – in ihrem Fall sogar dank zwei zweifachen Torschützen. Danijel Zugac und Rüchan Pehlivan teilten sich die Treffer. Das Schlüsselereignis aus Sicht des Trainers Klaus Kämmerer: ein umstrittener Elfmeter, mit welchem dem Gegner nach 70 Minuten durch Valentin Loparco der erneute Ausgleich gelang. „Damit war die Mannschaft angesäuert. Sie hat den Schalter umgelegt“, sagt Kämmerer. Hatten sich die Bonlandener bis dahin schwer getan, Lücken im ABV-Abwehrbollwerk aufzutun, drehten sie in der Schlussphase auf.

Demgegenüber hat es im Degerlocher Kasten in dieser Runde nun bereits 17-mal eingeschlagen. Keine Schuld beim Debütanten Bastian Hinterkopf, der als Zweite-Mannschaft-Keeper die fehlenden Stammkräfte Marcel Pelzer (Hochzeitstag) und Michael Walz (Bluterguss in der Wade) vertrat. „Aber mit jede Woche drei, vier Gegentoren kannst du natürlich nicht gewinnen“, sagt Alexander Schreck. Er wiederum ersetzte den beruflich verhinderten Coach Maximilian Uhlenberg. Ebenfalls nicht dabei: der Torjäger Blessing Omoregie (Gehirnerschütterung).Was personelle Verluste anbelangt, hat indes ein anderer Starter noch ein weitaus größeres Päckchen zu tragen. In dieser Hinsicht setzt der TSV Rohr die unfreiwilligen Maßstäbe. Dessen Fußballchef Holger Schroeder zählte am Sonntag elf fehlende Spieler. Verletzungen, Beruf, Studium. Insofern eine Erklärung für die 0:3-Heimniederlage gegen den TSV Bernhausen . Schroeder hat allerdings auch noch zwei weitere. Stichwort eins: Formschwäche. Leistungsträger wie der Torjäger Valentin Kamm stecken im Tief. Stichwort zwei: Leidenschaft auf dem Platz. „Der Gegner hat sie gezeigt, wir weniger“, moniert Schroeder. Ausgenommen nur der Teamsenior, das Perpetuum mobile Giampiero Lapeschi. Der ist mittlerweile 44. „Und dass dann er der Laufstärkste ist, liebe Jungs“, adressiert Schroeder an seine Mannschaft, „das kann nicht wirklich sein.“

Rohrer Verhängnis dazu: Die Gäste hatten ihrerseits etwas gut zu machen – und taten es denn auch. Kein Vergleich zu jenem Ensemble, das der Trainer Roko Agatic vor Wochenfrist noch verbal abgewatscht hatte. „Das war diesmal ein ganz anderer Auftritt“, sagt Agatic, der zudem ein goldenes Wechselhändchen bewies. Alle drei Tore gingen auf das Konto von Jokern. Erst brach Werner Hottmann den Bann, dann legte der gerade mal 18-jährige Georgios Kessapidis bei seinem zweiten Bezirksliga-Einsatz doppelt nach. Einziger Wermutstropfen: Der eigentliche Topscorer, Ivan Matanovic, schied mit Verdacht auf einen Muskelfaserriss aus.Bestätigen müssen die Bernhausener ihren Aufschwung am nächsten Wochenende gegen die SG Untertürkheim . Jener gelang einstweilen das Kunststück von vier erzielten Toren in Unterzahl. Das Geschehen am Bruckwiesenweg beschreibt der Trainer Roger Bay als „vogelwild, mit zig Eins-gegen-Eins-Situationen vor beiden Toren und einem durchaus möglichen Resultat von 8:8“. Tatsächlich stand am Ende des Duells zweier bislang siegloser Teams aber ein 4:2 der Seinen.

Dabei deutete in der Anfangsphase nur wenig darauf hin. Der punktlose Gegner Türkspor Stuttgart ging durch einen Doppelschlag von Elia Macrovassilis nicht nur mit 2:0 in Führung. Auch hatte er alle Trümpfe in der Hand, als Sandro Freitas binnen zwei Minuten wegen Ballwegschlagens und Einsteigens mit offener Sohle zweimal Gelb und folglich Rot sah. Doch die Nackenschläge hatten für Bays Kicker einen Hallo-Wach-Effekt. Es folgte die Antwort mit den erwähnten vier eigenen Toren, darunter ein Handelfmeter von Abdoulie Nyassi.

Demgegenüber führt Tarkan Bucak die Unerfahrenheit seiner Truppe als Grund an, dass die Vorteile nicht genutzt wurden. „Anstatt den Ball in Überzahl ruhig durch die Reihen laufen zu lassen, fehlte einfach die nötige Ruhe im Spiel“, sagt der sportliche Leiter von Türkspor. Und die Situation habe sich nach der Pause weiter verschlimmert – der Oldie Erdal Koyuncu musste aufgrund einer Rippenprellung in der Kabine bleiben.Torflaute dagegen im Spiel zwischen der Sportvg Feuerbach und dem Aufsteiger TSV Münster – wobei mit dem 0:0 aber zwei Serien hielten. Die Gastgeber sind weiter ohne Niederlage, und ihr Gast kommt nun auf sieben Punkte aus den drei vergangenen Partien. Los ging es für beide mit halbstündiger Verspätung. Grund: Im Vorspiel zog sich Feuerbachs Konstantinos Stergiou einen Rippenbruch zu. Bis er medizinisch versorgt war und ins Krankenhaus transportiert werden konnte, dauerte es.

Zäh war dann auch das Spiel. „Wir wollten zwar, hatten gegen den defensiv und absolut leidenschaftlich agierenden Gegner aber einfach keine Lösungen parat“, bemängelt der Feuerbacher Trainer Rocco Cesarano. Die Folge: so gut wie keine eigenen Chancen und dann doch auch noch das Ende einer Serie. Der Sieben-Tore-Mann Ali Karsli hatte bislang in jedem Saisonspiel getroffen, diesmal ging er leer aus. Damit wiederum ging das Münsterer Rezept auf – wenn auch nicht zu 100 Prozent. Die Taktik sah die „Stärkung der Defensive vor, Feuerbach zu keinen Lösungen kommen zu lassen und gegen Ende zur Auflösung der Ordnung zu zwingen, um dann den Lucky Punch zu setzen“, verrät der Gäste-Coach Stefan Schuon. Jedoch: „Die Feuerbacher taten uns den Gefallen nicht, die Ordnung zu verlieren.“Derweil gab der TSV Musberg in dieser Saison erstmals in einem Auswärtsspiel Punkte ab. Bei der Spvgg Cannstatt hieß es am Ende 1:1. Ärgerlich? Keineswegs. Der Trainer Valentin Haug zeigt sich erfreut. Einerseits, weil die Seinen ein gutes Spiel abgeliefert, andererseits die Cannstatter in Summe die besseren Chancen gehabt hätten – und allgemein, weil „beim aktuellen Gegner mit Sicherheit viele Teams leer ausgehen werden“, sagt Haug. Und weil am Sonntag an der Hofener Straße gute Laune wohl Gesetz war, berichtet auch der Amtskollege Carmine Napolitano von einer Partie, „die Spaß gemacht hat und in der der Ausgang passte“.

Sowieso hat Napolitano gerade Freude an seinem Team. Die Trainingsbeteiligung sei mit mehr als 20 Akteuren pro Einheit top, und auch auf dem Feld würden seine Akteure tolle Dinge anbieten. So wie aktuell in Minute 26: Über vier Stationen, zuletzt per Hacke von Marco Schulz, landete der Ball bei Raffaele Napolitano – und dann rein ins Torvergnügen. Für des Trainers Filius bereits Saisontor Nummer vier. „Meine Talentsichtung hat gefruchtet“, sagt Napolitano senior und lacht. Zuvor hatte Lukas Zug einen Handelfmeter zur Führung der Gäste verwandelt, die mit einer Krankheitswelle zu kämpfen hatten.

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