Last-Minute-Siege für den SV Vaihingen und den TSV Bernhausen, die damit ihre Positionen in der Spitzengruppe der Tabelle festigen – Ernüchterung dagegen in Musberg und Möhringen. Der achte Spieltag der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga hat bei den Filderteams für ein konträres Stimmungsbild gesorgt. Während den ursprünglichen Titelfavoriten TSV Musberg auch ein Traumtor nicht vor einem weiteren Punkteverlust bewahrte, ging es für die Spvgg Möhringen auch nach dem Trainerrauswurf der vergangenen Woche so weiter wie bisher: mit einer Schlappe. Die spannende Frage an der Hechinger Straße ist nun: Wer wird der Neue? Der mutmaßliche Favorit weilte am Sonntag unter den Zuschauern.Einstweilen ist eines schon einmal sicher: Die kurzfristigen Hoffnungen der Verantwortlichen der Spvgg Möhringen haben sich nicht erfüllt. Wer seinen Trainer entlässt, der will damit natürlich etwas bewirken: einen Ruck, eine Wende. Tatsächlich dürfte allen am aktuellen Spieltag aber ziemlich viel ziemlich bekannt vorgekommen sein – auch das Fazit. Jenes lautet: „Einsatz und Einstellung waren gut. Aber vorne hatten wir zu wenig Durchschlagskraft, und hinten haben wir zu viele Fehler gemacht.“ Der einzige Unterschied: nein, Kundgeber war nicht mehr der geschasste Thomas Otto, sondern diesmal der Spielleiter Christian Kuchar.
0:4 – so lautete das ernüchternde Ergebnis im Derby gegen den TSV Rohr . Auch im 17. Punktspiel in Serie blieben die Möhringer also ohne Sieg. Seit März 2020 haben sie in der Liga ein Unentschieden und 16 Niederlagen verbucht. An diesem Negativlauf vermochte aktuell auch der Interimscoach Sandro Deffner nichts zu ändern. Kritischere Zeitgenossen mögen anmerken: keine Überraschung, zur Verfügung stand ihm schließlich kein anderes kickendes Personal, sondern nur jenes, das schon in den vergangenen Monaten in den entscheidenden Situationen die Konkurrenzfähigkeit vermissen ließ. Allemal klar ist, dass der noch zu findende neue Trainer mit dem Ziel Nichtabstieg vor einer Herkulesaufgabe stehen wird.
Feststehen soll jener laut Kuchar noch in dieser Woche. „Wir haben einen Plan A und einen Plan B“, sagt er. Einer der beiden dürfte Sascha Gavranovic heißen. Der 54-Jährige bestätigt eine Anfrage des Vereins. Man habe ein „erstes freundschaftliches Gespräch“ geführt. Ob mehr daraus wird – abwarten. Vorteil Gavranovic: er verfügt über Erfahrung in der Spielklasse, er gilt als guter Motivator, und er wäre sofort verfügbar. Zuletzt stand er beim A-Kreisligisten TSV Harthausen unter Vertrag, wo er aber vor dieser Saison auf eigenen Wunsch aufhörte. Auf den Fildern ist er vor allem auch durch seine Engagements bei Calcio Leinfelden-Echterdingen und beim SV Vaihingen bekannt.
Am Sonntag weilte Gavranovic schon einmal unter den Zuschauern. Was er zu sehen bekam, waren wie gesagt vier Gegentore. Der Kontrahent Rohr fuhr seinerseits im Kampf um den Klassenverbleib wichtige Punkte ein. Ein Pflichtsieg für die Gäste, nachdem ihnen im bisherigen Saisonverlauf ein Stück weit auch der Spielplan zum Verhängnis geworden war. Rohrer Pech: antreten musste man bereits gegen die kompletten Top vier des Klassements.
Nun sorgten Giampiero Lapeschi mit zwei verwandelten Elfmetern sowie Ismail Seker und Raffaele Napolitano mit ihren Treffern für klare Verhältnisse. Kommentar des Rohrer Trainers Michael Rück: „Ein zerfahrenes Spiel, aber ein verdienter Sieg für uns.“ Einziger Wermutstropfen war für Rück der Platzverweis seines Bruders Fabian. Jener sah für ein Foulspiel umstritten Rot. Die letzte knapp halbe Stunde standen die Gastgeber folglich in Überzahl auf dem Platz – und schlugen selbst daraus kein Kapital. Ein Grund mehr für Möhringer Enttäuschung.Dabei kann Fußball eine herrliche Sache sein. Zumindest dann, wenn das Fahrwasser gerade ein anderes ist. Nachzufragen beim Nachbarn SV Vaihingen . Während Kuchar mit dem Gedächtniszitat des 90er-Weltmeisters Andy Brehme ächzt „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß“, ließe sich für die Schwarzbachkicker derzeit eher formulieren: wenn’s mal läuft, dann läuft’s. Selbst in Spielen, in denen man sich eigentlich im Schwitzkasten befand. Das aktuelle Resultat? Dennoch der nächste Sieg. „Unser Gegner hatte Chancen für zwei, drei Spiele“, sagt der Vaihinger Kapitän Max Schilling. Am Ende aber jubelte die eigene Elf. Der mehr und mehr zum neuen Torjäger avancierende Valentin Loparco sicherte ein spätes 3:2. In einem energisch geführten Zweikampf holte der 24-Jährige einen Elfmeter heraus, den er in der 88. Spielminute verwandelte.
Zuvor hatte Loparco schon zum zwischenzeitlichen 2:0 getroffen – in diesem Fall nach einem fatalen Fehlpass der Gäste. Insgesamt waren es seine Saisontreffer Nummer sieben und acht. Und wen brauchten da auf Vaihinger Seiten noch die alles in allem glücklichen Erfolgsumstände zu interessieren? In der Tabelle ist die Mannschaft des Trainers Stephan Tregel weiter überraschender Zweiter und kann nun mit Vorfreude auf die nächsten Aufgaben schauen. Diese heißen in direkter Folge Croatia, Bernhausen und Cannstatt – es sind die drei anderen von ganz oben im Klassement. „Das werden nun die Wochen, in denen sich zeigen muss, ob wir zurecht so weit vorne stehen“, sagt Schilling, für den selbst mit einem geschwollenem Knie schon nach der ersten Hälfte Feierabend war. „Jetzt kommt die Wahrheit – die echten Standortbestimmungen“, fügt der Abteilungsleiter Peter Breuer an.Wobei: mit der Wahrheit und der Realität ist es bisweilen so eine Sache. Den anderen Höhenflieger von den Fildern, den TSV Bernhausen , hätten jene am Sonntag beinahe eingeholt. Vor Wochenfrist noch strahlender Tabellenführer-Bezwinger, schrammten die Filderstädter nun nur haarscharf an einer Blamage vorbei. Beim noch punktlosen Letzten TB Untertürkheim stand bis in die Nachspielzeit hinein eine Nullnummer. Keine Tore, wenig Chancen, viel vergebliches Mühen. „Der Gegner hat um jeden Zentimeter gekämpft und es uns schwer gemacht“, sagt der Trainer Christopher Eisenhardt. Und: „Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte am Ende noch an einen Sieg geglaubt.“
Doch dann kam dieses letzte Dribbling von Alperen Albayrak, diese letzte Flanke, dieser letzte Kopfball. Und plötzlich, in der vierten Minute der Nachspielzeit, hatten die Bernhausener in Sam Böhmer doch noch einen umjubelten Torschützen.
Hurra am Fleinsbach. Sowohl dort als auch in Vaihingen ließe sich orakeln: Wer solche Spiele noch gewinnt. . . An der Fortune, die es für ein Erreichen von Größerem dann eben auch braucht, oder, um es mit Eisenhardt zu sagen: am „Glück des Tüchtigen“, fehlt es jedenfalls schon mal nicht. Neidisch mag man von Seiten des TSV Musberg darauf blicken. Denn für den ursprünglichen Titelfavoriten bleibt es derweil ein eher höhepunktarmes Tun. Licht und Schatten im Wechsel – die Suche nach dem richtigen Schwung hält für den Trainer Jaroslav Kostenko und die Seinen an, erst recht mit dem aktuellen 1:1 bei Beograd Stuttgart. Erneut ließen die Musberger trotz einer spielerischen Überlegenheit Punkte liegen. Und ebenso erneut moniert Kostenko eine fehlende Angriffseffizienz. „Wir waren überhastet in unseren Toraktionen. Wir bringen den Ball momentan einfach nicht über die Linie“, sagt der Coach.
Zumindest nicht in den Situationen, in welchen man es erwarten wollte. Funktioniert hat es diesmal dann lediglich in einer Ausnahme, und da auf dem komplizierten Weg: Friedrich Grivas stoppte die Kugel mit der Brust, ließ sie auf den Schlappen tropfen, und dann ging’s aus 30 Metern mit Wums in den Torwinkel. „Ein Traumtor“, schwärmt Kostenko – welches letztlich aber nur bedingt tröstete. Schmerzhafte Gewissheit: derjenige, der eigentlich fürs Knipsen vorgesehen war und offensive Abhilfe schaffen könnte, fällt unverändert aus. Sein Name: Manuel Rath. Gerade erst von einer ausgekugelten Schulter genesen, hat sich der 26-Jährige nun im Training eine Bänderdehnung im Sprunggelenk zugezogen.Mit verletzungsbedingten Hiobsbotschaften sind die Musberger indes nicht allein. Für den SV Sillenbuch hat sich am gestrigen Montag eine Befürchtung bestätigt: Der Torhüter Simon Vögele hat im Daumen tatsächlich einen Sehnenriss. So steht der Tabellensechste vor einem Problem. Denn zugleich ist der zweite Keeper im Kader, der Routinier Manuel Mümmler, beruflich bedingt nur eingeschränkt einsatzbereit.
Aktuell immerhin war er dabei – und erlebte einen ruhigen Nachmittag. Beim 1:1 gegen Croatia Stuttgart gestaltete sich der Beginn zwar furios: gleich in den ersten zehn Minuten zweimal Ecke, Strafraumgetümmel, Tor. Für die Gastgeber traf Thomas Duda per Kopf. Damit war’s dann aber auch weitgehend vorbei. Ansonsten ging in einer zweikampfbetonten Begegnung in puncto Chancen nicht viel – für die Heimelf auch nicht, als der Gegner nach Gelb-Rot für seinen Torjäger Ivan Juric lediglich noch zu zehnt war. „Croatia hat das in der Abwehr super gemacht“, sagt der Trainer Zvonimir Topalusic, der zuletzt tief Luft holen musste, als bei einem Konter des Kontrahenten der Ball am Pfosten landete.
Noch ein dritter später Lucky Punch und Last-Minute-Sieg an diesem Spieltag? So sehr man sich bei der Filder-Konkurrenz in Vaihingen und Bernhausen darüber freute, Topalusic konnte gut darauf verzichten.