Türk Spor Stg. - TSV B 1:3 -Auszug aus Stgt.N v. 14.11.23

Rudi Scherrle, 14.11.2023

Türk Spor Stg. - TSV B 1:3 -Auszug aus Stgt.N v. 14.11.23

Trotz Flaute im Torjägerduell: Feuerbach feiert

Der nun Tabellendritte der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga erhöht mit einem Sieg gegen den Spitzenreiter die Spannung. Zwei andere überraschen noch mehr.

Harald Landwehr (StgtN – FZ)

Die Glückwünsche kamen per Whatsapp. Gratulation von da, Gratulation von dort – und Applaus von allen in der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga, die bereits befürchtet hatten, dass das Titelrennen auch in der aktuellen Saison zum Langweiler wird. Diese Gefahr ist fürs Erste gebannt. Der Sportvg Feuerbach sei Dank. Mit einem 2:1 haben die Nord-Stuttgarter ihr eigenes Formhoch bekräftigt und zugleich dem Klassenprimus TSV Plattenhardt dessen zweite Saisonniederlage beigebracht. Zwei Spieltage vor Winterpausen-Beginn verfügen damit noch drei Mannschaften über Chancen auf die Herbstmeisterschaft. Am Sonntag war indes überhaupt Überraschungstag, nachzufragen auch in Untertürkheim und Münster, wo zwei Favoriten böse Bruchlandungen hinlegten. Zusätzlich bemerkenswert am Flow der Sportvg Feuerbach: Jener hielt nun sogar trotz eines kurzfristigen Ausfalls an. Just beim bislang dicksten Ausrufezeichen seiner Mannschaft in dieser Saison fehlte der Trainer. Rocco Cesarano musste aus privaten Gründen passen. Das Coaching übernahm sein Assistent Stefan Ohneseit. Doch wenn’s mal läuft, dann läuft’s – offenbar egal, wer dabei an der Seitenlinie steht. „Die Mannschaft macht es gerade einfach richtig stark“, lobt der Spielleiter Kai Marquardt.

Mit viel Biss in den Zweikämpfen setzten die Gastgeber ihrem Kontrahenten von Beginn an zu. Der Lohn dann in Hälfte zwei: Marin Pranjic und Durim Haklaj leiteten mit ihren Treffern den Heimcoup ein. Letzterer drosch den Ball nach einem indirekten Freistoß am Fünfmeterraum hoch in die Maschen. Besser hätte es auch keiner der beiden sonstigen Topscorer gekonnt.

Ja, Feuerbach gegen TSV Plattenhardt, das war nicht nur das Spitzenspiel, sondern eigentlich auch das große Torjägerduell. Eigentlich. Doch geriet dieses wider Erwarten zum Nebenaspekt. Der eine, Ali Karsli (18 Saisontore), agierte ausnahmsweise ohne Abschlussfortune. Und der andere, Fatih Özkahraman (16 Saisontore), war zunächst gar nicht dabei. Der Grund: ein dicker Knöchel. „Er wollte mit Tapeverband spielen, aber dieses Risiko war uns zu groß“, sagt der Gästetrainer Sascha Blessing. Erst im Rückstand ließ er seinen Ballermann doch noch von der Leine – allerdings ohne Erfolg.

Blessings Erkenntnis: „Feuerbach hat richtig Gas gegeben. Und uns hat diesmal der letzte Punch gefehlt.“ Folge in der Tabelle: nur noch zwei Punkte Vorsprung statt der bisherigen fünf. Darüber hinaus, so Blessing, „haben wir einen Gegner wieder mit ins Rennen geholt“. Eben jenen vom Sonntag, gleichwohl unter dessen Verantwortlichen von etwaigen eigenen Spitzenambitionen noch keiner etwas wissen will. Ob die neue Titelrechnung nicht „Plattenhardt oder Bonlanden“, sondern „Plattenhardt, Bonlanden oder Feuerbach“ heißen muss? Marquardt winkt ab: „Wir bleiben bei unseren Zielen. Ein Platz von vier bis sieben wäre gut.“ Schließlich: Mit den vielen jungen Spielern könne man „auch schnell mal in ein Leistungsloch fallen“. Einstweilen darf sich mit den Seinen auch der erwähnte SV Bonlanden ins Fäustchen lachen. Vor Wochenfrist hatten die Plattenhardter sich über dessen Ausrutscher gefreut, nun das umgekehrte Spiel. „Unser Nachbar mag es anscheinend spannend“, merkt der Trainer Klaus Kämmerer mit einem Schmunzeln an. Seine Mannschaft hat es wieder selbst in der Hand, wer als Herbstmeister in die Winterpause geht. Schließlich folgt zum sportlichen Jahresabschluss in zwei Wochen, dramaturgisch perfekt, noch das direkte Duell der beiden Führenden des Klassements. Showdown am 25. November an der Humboldtstraße, also im Bonlandener Stadion.

Aktuell fand der Tabellenzweite seinerseits nach zuletzt zwei Niederlagen unspektakulär in die Erfolgsspur zurück. Beim 3:1-Sieg gegen den Aufsteiger SV Sillenbuch brauchte es Beharrlichkeit und Geduld. Die beiden entscheidenden Tore fielen trotz streckenweise drückender Überlegenheit der Gastgeber erst in den letzten zehn Minuten. Ein strammer 18-Meter-Schuss von Danijel Zugac, ein Freistoß des Kapitäns Andreas Pottmeyer – damit Erleichterung. Bestätigt hat sich für Kämmerer insgesamt erneut, „dass diese Liga eklig ist“. Wegen Gegnern, die gegen sein Favoritenteam Woche für Woche mit speziellem kämpferischen Ehrgeiz zur Sache gehen. Und aber auch wegen Spiel für Spiel strittiger Entscheidungen. Anders als von den Bonlandenern gewohnt, gibt es auf dieser Ebene halt keine Schiedsrichterassistenten. Sprich: In Abseitsfragen geht es dann nicht selten auf gut Glück nach Ferndistanz-Augenmaß.

War der zwischenzeitliche Sillenbucher Ausgleichstreffer von Tim Schaul Abseits? Für Kämmerer eindeutig ja, am Ende ob des Ergebnisses freilich egal – auch für die Gäste. „Erste Halbzeit gar nix, zweite gut“, sagt deren Spielleiter Hans-Georg Spies und blickt schnaufend aufs Klassement. Dieses weist die Seinen nun als Schlusslicht aus. Nervös wird am Spitalwald jedoch keiner. „Es war von vornherein klar, dass es eine schwierige Saison für uns wird“, sagt Spies. Und verloren ist ja noch nichts. Für das eigene Team sind es vier Punkte Abstand – in seinem Fall zu Rang neun, der die sichere Qualifikation für die künftig neue Stuttgart/Böblingen-Bezirksliga bedeuten wird. Übernommen haben die Sillenbucher die rote Laterne von der SG Untertürkheim, der gleichzeitig eine dicke Überraschungen gelungen ist. Nach zuletzt drei Schlappen mit insgesamt 18 Gegentoren feierte der Außenseiter im Neckarderby gegen die Spvgg Cannstatt einen 2:1-Erfolg – ein erneuter Coup gegen den Nachbarn. Schon in der Endphase der vergangenen Saison hatten die Untertürkheimer jenen düpiert, damals für sie ein rettender Schritt in die Relegation. Und diesmal? „Es ist eine Aufbruchstimmung da; die wollen wir in den nächsten Wochen nutzen“, sagt der Spielleiter Andreas Piplikakis. Der Interimstrainer Uwe Wittmann hat inzwischen seine Zusage bis zur Winterpause gegeben. Spätestens im Januar soll dann entschieden werden, wie es in der Rückrunde weitergeht. Aktuelle Torschützen zum zweiten Saisonsieg waren Abdoulie Nyassi und Glenn Agyemang.

Der Gästetrainer Carmine Napolitano ist derweil angefressen über die unfreiwillige Aufbauhilfe seiner Mannschaft. „Wir haben auf ganzer Linie versagt. Das war eine Frage der Einstellung, gepaart mit Unvermögen auf dem Platz“, sagt er. Hinzu kommt eine bittere Nachricht von außerhalb: Der Napolitano-Sohn Raffaele, in dieser Runde bislang bester Cannstatter Torschütze, fällt nun wohl noch länger aus als bereits befürchtet. Nachdem sich der Youngster vor zwei Wochen die Schulter ausgekugelt hat, wurde ihm mittlerweile eine Metallplatte eingesetzt. „Realistisch betrachtet ist die Saison für ihn gelaufen“, sagt der Vater. Was unerwartete Resultate anbelangt, wurde die eigene Begegnung indes noch getoppt. Ligaweites Staunen über das Geschehen wenige Kilometer entfernt: Nein, kein Druckfehler, der TSV Münster hat dem TSV Musberg mit einem 6:0 tatsächlich ein halbes Dutzend eingeschenkt. Während Stefan Schuon, der Trainer des gastgebenden Aufsteigers vom „besten Saisonspiel und super Kombinationsfußball “ seiner Mannschaft spricht, beklagt Denis Kühnle auf der Gegenseite einen „kollektiven Totalausfall“, der den Filderclub auf dem Stimmungsbarometer von einem Extrem ins andere fallen lässt. Eine Woche zuvor hatten die Musberger noch mit einem 3:2-Sieg gegen den Titelanwärter Bonlanden geglänzt.

Eine teilweise Erklärung immerhin für den jetzigen Leistungsknick: In den Routiniers Wolfgang Simon (Bänderriss im Fuß), Marc Wiederoder (Oberschenkelzerrung), Lukas Zug und Dennis Zschorsch (beide im Urlaub) fehlten vier Stützen. „Wir hatten eine extrem unerfahrene Mannschaft am Start, aber so etwas darf trotzdem nicht passieren“, sagt Kühnle, dessen Torhüter Simon Hochschein mit einer Elfmeterparade einen Toredreierpack des Münsterers Vadim Kromm verhinderte. Aber auch „nur“ zwei Kromm-Treffer konnten sich dann sehen lassen – ebenso wie jene des einstigen Liga-Schützenkönigs Ivan Matanovic für den TSV Bernhausen. Diese verhalfen dem Landesliga-Absteiger zum 3:1-Sieg bei Türkspor Stuttgart, womit die lila-weiße Aufholjagd in der Tabelle munter weiter geht. Seit sieben Spielen ist die Mannschaft des Trainers Roko Agatic nun ungeschlagen. Die spannende Frage ist: Wie weit kann es nach dem Fehlstart vom September noch nach vorne gehen? „Der Abstand zum Tabellenführer Plattenhardt ist immer noch riesig. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben“, sagt Agatic. Sein Fahrplan: „Jetzt wollen wir am Donnerstag im Bezirkspokal in Bonlanden weiterkommen und dann auch die letzten beiden Punktspiele in diesem Jahr gewinnen. Und dann schauen wir mal.“

Beim Gastgeber Türkspor, der sich zuletzt mit zehn Zählern aus fünf Spielen vom letzten Platz aus nach vorne gearbeitet hatte, wird die aktuelle Niederlage nicht als Rückschlag angesehen. Im Gegenteil: „Wir haben sehr gut mitgehalten und nehmen auch aus diesem Spiel viel Positives mit“, sagt Ismail Cangür. Der Spielertrainer wechselte sich nach 50 Minuten selbst ein und bereitete den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer vor. Wie Cangür, so derweil auch der Amtskollege Maximilian Uhlenberg. Auch jenen hielt es zuletzt nicht mehr auf der Bank. Auch er wechselte in der Rolle des Jokers Sitz- mit Rasenplatz. Jedoch: auch für ihn mit nur begrenztem Erfolg. Uhlenbergs SGM ABV/TSV 07 Stuttgart verlor ihr Heimspiel gegen den SV Vaihingen dennoch mit 0:1. Und so setzt sich die Degerlocher Talfahrt fort. „Vergangene Saison hatten wir oft das glücklichere Ende, in dieser läuft alles stark gegen uns“, konstatiert der Coach. Inzwischen steht die Serie bei neun Spielen. Neun Wochen ohne Sieg. Der erneute Nackenschlag kam Mitte der zweiten Hälfte, als der Gästeangreifer Ali Hasöz eine Vorlage von Oliver Heringhaus auf dem glitschigen Kunstrasen zum Tor des Tages verwertete.

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