Wie heißt es so schön: Aller Anfang ist schwer. Der Auftaktspieltag in der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga zur neuen Saison hat denn prompt die Bestätigung geliefert, wenn auch mit recht unterschiedlichem Ergebnis. Während das leidgeprüfte Filderstädter Absteiger-Trio sich trotz Anlaufproblemen zu Siegen mühte, hat der Meisterschaftsfavorit SC Stammheim beim Wiederbeginn nach zwölf Wochen Punktspielpause einen klassischen Fehlstart hingelegt. Erster Tabellenführer ist der TSV Plattenhardt. Ebenfalls bereits zu vermelden: der erste Krankenwagen-Einsatz sowie der erste Spieler, dessen Treffer eigentlich als Tor-des-Monats-Bewerbung taugt. Dumm nur: Er traf in die falsche Richtung, ins eigene Netz.Der Profiteur des Missgeschicks hieß eben TSV Plattenhardt , dessen neuer Coach Sascha Blessing schließlich zufrieden sein persönliches Reiseprogramm fortsetzen konnte. Seine Stationen der vergangenen drei Tage: Salzburg, Plattenhardt, Venedig.
Das sportliche Fazit zwischendurch? Zumindest rein ergebnistechnisch hat sich der Trip gelohnt. Nach einem 4:1-Sieg gegen den Aufsteiger TSV Münster grüßt Blessings Team wie gesagt gleich von der Spitze des Klassements. Freilich, der Weg dorthin war zäh. Mit sechs Neuzugängen in der Startformation taten sich die Plattenhardter lange schwer. „Ein bisschen vor sich hingedümpelt“ sei die Partie, sagt Blessing, ehe er mit der Einwechslung des Youngsters Mark Hörz einen Glücksgriff tat. Der Angreifer brachte die Seinen mit zwei Torvorlagen spät auf Kurs. Aber nicht nur das: Hinzu kam eine freundliche Unterstützung vonseiten des Gegners. Verdutzte Blicke allenthalben: Nach einem vermeintlich harmlosen Flankenball drosch der Gästeakteur Oliver Olenschuk die Kugel fulminant ins eigene Netz.
„Eine komplette Slapstick-Nummer“, ächzt der Münsterer Trainer Stefan Schuon. Umso bitterer für ihn und seine Elf, hatte jene doch auch schon den ersten Gegentreffer selber aufgelegt, in diesem Fall mit einem verunglückten Rückpass von Simon Bauer. In der Summe war damit ein eigentlich ordentlicher eigener Auftritt konterkariert. „Im Prinzip haben wir uns gut verkauft“, sagt Schuon, „in den letzten 20 Minuten dann aber die Ordnung verloren und Harakiri gespielt.“ Dies wurde bestraft. Doch mit der Berechtigung zum Hadern war der Neckarclub nicht allein. Nicht besser erging es dem Mitaufsteiger SV Sillenbuch . Auch für ihn lautete die Ausgangslage: Klassenneuling gegen Landesliga-Absteiger. Und auch die Kicker vom Spitalwald haben Lehrgeld gezahlt. Bei ihrer 2:3-Niederlage gegen den TSV Bernhausen gaben sie einen Zwei-Tore-Vorsprung her. „Wir haben mit einer Spitzenmannschaft gut mitgehalten, aber müssen speziell bei Standardsituationen besser aufpassen und die Dinger schneller und konsequenter klären“, konstatiert der Co-Trainer Nico Hering, für dessen Mannschaft Sören Berbig und Medin Kukavica vorgelegt hatten.
Dann kam die Reaktion des Favoriten. Der Torjäger Ivan Matanovic schnürte einen Doppelpack, ehe sechs Minuten vor Schluss der Neuzugang Oliver Lujic mit einem wuchtigen Kopfball zur Stelle war. Der Rest war Bernhausener Jubel. Zu Ende ging eine gewaltige Durststrecke. Nach 273 Tagen endlich wieder ein Ligasieg! Am 4. Dezember 2022 hatten die „Veilchen“ letztmals gewonnen, damals ein 4:1 im Derby in Plattenhardt, worauf sie in den 15 verbleibenden Spielen der vergangenen Saison jedoch ohne jeden Punktgewinn geblieben waren. Aktuelles Fazit ihres neuen Trainers Roko Agatic: „In der ersten halben Stunde haben wir zweimal geschlafen. Positiv ist, dass wir Moral gezeigt haben und gut zurückgekommen sind.“
Diese Comeback-Qualitäten stellte dann auch der Dritte im Bunde der Filderstädter Leidgeplagten unter Beweis. Wie die Plattenhardter und die Bernhausener, so die Nachbarn des SV Bonlanden mit Schritt eins ihrer Rehabilitationsmission: Sie starteten ebenfalls mit einem „Dreier“ in die Saison. Am Ende Nebensache, dass das 4:2 bei der Spvgg Cannstatt auf nicht minder wackligen Füßen über die Bühne ging. „Der Gegner hat uns richtig Probleme bereitet“, räumt der Coach Klaus Kämmerer ein. Viel hat nicht gefehlt, und ausgerechnet sein bester Trainerkumpel Carmine Napolitano hätte ihm einen Auftaktstreich gespielt, der alte Weggefährte aus einst gemeinsamen Vaihinger Zeiten. Dessen Mannschaft ließ nach dem Führungstor des Filius Raffaele Napolitano jedoch Torchancen aus, die den Papa den Kopf schütteln ließen. Vom Lattentreffer über penaltyähnliche Eins-gegen-eins-Situationen bis zur Elferniete war alles dabei. Marco Schulz ballerte eben einen Strafstoß über die Querlatte.
Ironie des Schicksals: Als die Cannstatter dann doch endlich erneut ein zweites Mal trafen, war es es auch bei ihnen in die falsche Richtung. Schöne Grüße gen Münster. Denis Bubalos Unglücksraben-Kopfball kippte die Partie. Zuletzt stand ein bedröppelter Napolitano da. „Mut, Kampf, Willen – alles da“, sagt er. Selbst das notgedrungene Abwehrexperiment ging aus seiner Sicht auf: In der Innenverteidigung ersetzten Alexander Grigoras und der eigentliche Offensivmann Rui Pedro Carvalho Pinheiro das fehlende Stammduo Ziegler/Lurz. Nur: die Punkte, die nahm der Gegner mit.Das vielleicht Tröstende, wie der Amtskollege Giannicola Bellarosa beim SC Stammheim weiß: „Am ersten Spieltag hat sich noch keine Meisterschaft entschieden.“ Da werden höchstens erste Zeichen gesetzt – wobei das von seinem Team erhoffte, muss Bellarosa feststellen, ausgeblieben ist. Stattdessen bekamen die Nord-Stuttgarter gleich einen Vorgeschmack, was es heißt, von der Konkurrenz ausgerufener Titelfavorit zu sein. Sprich: Gejagter von der ersten Minute an. „Ein Stück weit ein Willkommensgruß, den wir da erhalten haben“, sagt Bellarosa nach dem Auftakt-1:2 gegen den TSV Musberg . Die schnelle Neuauflage des Pokalendspiels vom Mai endete somit mit einer überraschenden Revanche.